Handlungsbedarf für Firmengruppen mit Bezug zu UK
Handlungsbedarf für Firmengruppen mit Bezug zu UK
31. Januar 2025
Mit dem Erlass des „Economic Crime and Corporate Transparency Act 2023” (kurz: ECCTA) wird das Regelwerk zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität in Großbritannien grundlegend verändert. Kern der Neuerung ist ein neuer gegen Unternehmen gerichteter Straftatbestand, der das Unterlassen von Betrugsprävention unter Strafe stellt. Die weitreichenden Änderungen erweitern die Möglichkeiten der britischen Behörden im Ausland ansässige Unternehmen für Wirtschaftsdelikte mit UK-Bezug zur Rechenschaft zu ziehen.
Aus deutscher Sicht interessant: Die neuen Regelungen des ECCTA weisen Parallelen zu den Regelungen der §§ 30, 130 OWiG auf. Beide ermöglichen es Behörden, Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, die durch mangelnde Kontrolle ihrer Beschäftigten oder unzureichende Compliance-Maßnahmen die Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begünstigt haben.
Der ECCTA richtet sich zunächst an so genannte „large organisations” (große Unternehmen) unabhängig von ihrem Sitz. Von dieser Begrifflichkeit sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen, da die vom englischen Gesetzgeber definierten Schwellenwerte werden sehr schnell auch bereits von kleinen bzw. mittelständischen Unternehmen erreicht.
Um in den Anwendungsbereich des ECCTA zu fallen, genügt ein UK-Bezug, wobei die Schwelle hierfür recht niedrig gesetzt wird. Liegt ein solcher UK-Bezug vor, können auch deutsche Unternehmen durch UK-Behörden sanktioniert werden, dies insbesondere aufgrund von Fehlverhalten seitens lokaler Tochtergesellschaften, Betriebsstätten, Handelsvertreter sowie sogar eigener Lieferanten bzw. in die Leistungserbringung eingebundener Dienstleister.
Mit Inkrafttreten des ECCTA wurde der Straftatbestand der „failure to prevent fraud“ (Unterlassen der Betrugsprävention) neu eingeführt. Gemäß dieser Norm tritt Strafbarkeit ein, wenn ein großes Unternehmen es versäumt, Betrugs-, Untreue-, Diebstahls- und Unterschlagungsdelikte zu verhindern, (1) welche eine “associated person” (mit dem Unternehmen verbundene Person) (2) mit dem Vorsatz begeht, dem Unternehmen oder einer mit dem Unternehmen verbundenen Person einen unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil zu verschaffen. Die Haftungsnorm greift dabei verschuldensunabhängig – eine Exkulpation ist nur bei aktivem Nachweis angemessener Compliance-Maßnahmen möglich.
Wird ein Unternehmen für einen Verstoß gegen das Gesetz haftbar gemacht, kann eine der Höhe nach unbegrenzte Geldstrafe verhängt werden. Insbesondere können Erträge aus den betroffenen Transaktionen abgeschöpft werden.
Wird gegen Unternehmen ein Strafverfahren nach ECCTA eingeleitet, besteht die Möglichkeit sich durch den Nachweis angemessener Compliance-Maßnahmen zu enthaften („proportionate risk-based fraud prevention procedures“). Die Beweislast liegt dabei beim Unternehmen.
Deutsche Unternehmen sollten mit Blick auf das in Kraft treten am 1. September 2025 dringend prüfen, ob Sie in den Anwendungsbereich der neuen Regelungen fallen.
Falls ja, sind nicht nur internen Prozesse ggf. anzupassen, sondern auch die Einbindung von Tochtergesellschaften und Vertragspartnern in zentrale Compliance- und Überwachungsprozesse zu vertiefen. Insbesondere die Ausweitung der Haftung auf Drittparteien erfordert eine systematische Prüfung und Anpassung bestehender Compliance-Strategien.
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Autor:
Christian Judis
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