HR.Law

Da ist sie, die Begründung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung

05. December 2022

Das Warten hat ein Ende: am 2. Dezember 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) endlich die lang erwarteten Gründe zu seiner Entscheidung vom 13.09.2022 (1 ABR 22/21, hier abrufbar Entscheidung BAG) zur Arbeitszeiterfassung veröffentlicht.

Die wichtigsten Inhalte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Arbeitgeber sind nach dem Gesetz verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem
    • Beginn und Ende
    • Und damit die Dauer der täglichen Arbeitszeit und
    • Überstunden erfasst werden.
  • Es reicht nicht aus, ein solches System nur zur Verfügung zu stellen! Der Arbeitgeber muss dieses auch verwenden.

Denn das BAG leitet die Verpflichtung aus dem ArbSchG her. Auch bei der Verpflichtung zum Tragen von Schutzausrüstung reicht es aber nicht, wenn der Arbeitgeber diese nur zur Verfügung stellt. Vielmehr müssen die Beschäftigten diese dann auch verwenden.

  • Es gibt keine Vorgaben, in welcher Form (elektronisch oder manuell) die Erfassung erfolgen muss.
  • Solange es keine anderweitige Regelung durch den Gesetzgeber gibt, kann der Arbeitgeber die Verpflichtung auch auf die Beschäftigten delegieren.
  • Das bedeutet, Vertrauensarbeitszeit ist weiter möglich. Die Beschäftigten müssen dann aber ihre tägliche Arbeitszeit erfassen und der Arbeitgeber muss kontrollieren, dass dies auch erfolgt.
  • Solange es keine Regelungen durch den Gesetzgeber gibt, hat der Arbeitgeber bei der Ausgestaltung des Systems zur Arbeitszeiterfassung einen großen Gestaltungsspielraum.
  • Es muss sich nicht um ein einheitliches System für alle Beschäftigten handeln. Besonderheiten einzelner Tätigkeiten können berücksichtigt werden.
  • Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung (noch) Mitbestimmungsrechte. Dies kann sich aber ändern. Ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verbleibt, hängt davon ab, wofür der Gesetzgeber bei einer gesetzlichen Regelung noch einen Gestaltungsspielraum belässt.
  • Der Betriebsrat hat kein Initiativerecht zur Einführung.
  • Solange der Gesetzgeber keine Sonderregelungen trifft, gilt die Pflicht für alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 BetrVG.
  • Ob leitende Angestellte von der Pflicht zur Erfassung ausgenommen sind, geht aus der Entscheidung nicht eindeutig hervor.
  • Es spricht viel dafür, dass Leitende Angestellte von der Pflicht zur Erfassung ausgenommen sind.

Das BAG hat ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber auch weiter in der Pflicht ist, zu handeln. Es bleibt spannend, wann er dieser Verpflichtung endlich nachkommen wird.

 

Autorin: Lisa-Marie Niklas

Wie können wir Ihnen weiterhelfen?

Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns kurz. Wir melden uns umgehend bei Ihnen.